Einsiedl

Geschichte

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Verzeichnis der Betriebe 1945

Häuser- und Eigentümerverzeichnis 1945

Geschichte

Die ersten Behausungen standen hier schon lange vor der urkundlichen Ortsgründung im Jahre 1562. Hier führte einer der ältesten Wege über das Erzgebirge. Unter den Einkünften des Brüxer Schlosses finden wir im Jahr 1425 bei den Pachteinnahmen auch einen wöchentlichen Zoll von 20 Groschen für den „Zoll uffn Einsiedl“. Zum Schutz dieses uralten Handelsweges zwischen Halle und Prag wurden Anfang des 13. Jahrhunderts die Burgen Sayda und Pfaffroda gebaut. Sicherlich war schon damals beim Zoll, der ja mitten im Urwald lag, schon ein Schmied ansässig. Wahrscheinlich gab es auch eine Pferdewechselstation und eine Herberge.

Der Bergherr Sebastian von der Weitmühl, dem Anfang des 16. Jahrhunderts ua. die Schlösser von Brüx und Komotau mit weit umgreifenden Ländereien gehörten, gründete damals in der Nähe seiner Bergwerke zahlreiche Orte. Er ließ sie durch seine Lokatoren planmäßig anlegen. Dazu gehörte auch Einsiedl, das wahrscheinlich nach 1480 von siebzehn Siedlerfamilien gerodet wurde. Als Sebastian 1549 starb, wurde er von seinem Sohn Johann (Jan) beerbt. Erst am Osterdienstag 1562 entschloss er sich, auf Bitten der Kolonisten, ihnen die begehrte „Handfeste“ auszufertigen und ihnen damit ihre Hufen erblich zu überlassen. Dafür hatten sie im Frühjahr und im Herbst einen Zins zu zahlen und genau festgelegte Robotdienste zu leisten.

Der eingangs erwähnte „alte böhmische Steig“ entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer stark genutzten Handels- und Heerstraße. Immer wieder mussten die Bauern Einquartierung, Raubzüge und Plünderungen, Brandschatzungen und viele andere Drangsale erdulden. Die Heerscharen brachten auch allerlei Krankheiten, vor allem die Pest, mit. Im Jahre 1613 sollen 163 Menschen daran gestorben und nur 59 am Leben geblieben sein. Den Charakter einer wichtigen grenzüberschreitenden Straßenverbindung behielt diese Straße bis auf den heutigen Tag. Schon 1844 wurde die Bezirksstraße von Johnsdorf bis zur Landesgrenze nach den damals modernsten straßenbautechnischen Erkenntnissen ausgebaut. Die Einweihung nahm der österreichische Erzherzog Stephan persönlich vor.

Straßenbaudenkmal vor Gasthof Kaltofen
Links im Bild das Straßenbaudenkmal zur Erinnerung an die Einweihung der Bezirksstraße durch Erzherzog Stephan 1844, dahinter das Gastaus "Zur Heimat" (Kaltofen), rechts die Kirche.

Straßenbaudenkmal Mnisek heute
So sieht das Denkmal heute aus.
(Verlinkung mit http://www.sweb.cz/
rangiroa/novaves/mnisek.html)

Die kleinbäuerlichen Betriebe und auch die Feldereinteilung blieben bis zur Vertreibung erhalten. Aus deren geringen Erträgnissen konnten sich die Familien nicht ernähren. Die Haupterwerbsquellen waren daher die Arbeiten in den großen umliegenden Forsten und im Bergbau. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurden auch Spielwarenfirmen gegründet, die für Fabrik- und Heimarbeiter Arbeitsplätze schufen.

Butterweib

Ein "Butterweib" auf der Einsiedler Straße.

Bescheidene Nebenverdienste hatten auch die „Butterweiber“. Sie trugen in Buckelkörben die Erzeugnisse ihrer kleinen Landwirtschaften auf die Wochenmärkte von Oberleutensdorf (12 km) und Brüx (25 km). Auf dem Rückweg brachten sie Güter des täglichen Bedarfs (Schürzen, Hemden, Kopftücher udgl.) mit. Ein kleines Nebeneinkommen brachte manchem auch das Schmuggeln (Paschen) über die nahe Grenze von Sachsen nach Böhmen und ebenso in umgekehrter Richtung.

Glockenabnahme
Glockenabnahme 1942

Im seelsorglichen Bereich gehörte der Ort schon immer zum Pfarrsprengel Gebirgsneudorf. Ende des 19. Jahrhunderts gründeten die Bewohner einen Kapellenbauverein. Dessen zielstrebigen Bemühungen war es zu danken, dass mit dem Kirchenbau 1911 begonnen, drei Glocken 1913 auf den Turm gezogen und die Kirche am 21. Mai 1916 geweiht werden konnte. Der Gebirgsneudorfer Pfarrer zelebrierte monatlich ein Hochamt und las jeden Mittwoch die Frühmesse. Anschließend erteilte er in der dortigen Volksschule Religionsunterricht. Die Glocken wurden 1917 und 1942 vom Turm geholt und für die Herstellung von Kriegsmaterial eingeschmolzen. Am 12. März 1964 wurde die Kirche gesprengt.

Bis zur Vertreibung wohnten in den 83 Häusern ca. 360 Menschen. Bei der Volkszählung 1920 hatte die Gemeinde 368 Einwohner, darunter 6 Tschechen und 362 Deutsche. Hauptsächlich nach 1960 wurden 66 Häuser abgerissen, nur 17 blieben erhalten.

Grenzübergang Einsiedl
Der neue Grenzübergang in Einsiedl unmittelbar vor der Eröffnung.

Heute dienen die Häuser meist als Zweitwohnsitze für Familien aus dem Kohlendreieck Teplitz – Brüx – Oberleutensdorf. Es gibt keinen Gewerbebetrieb mehr im Ort. Lediglich ein Vietnamesenmarkt, eine Tankstelle und fünf Gasthäuser ziehen Besucher vor allem aus der näheren und weiteren sächsischen Umgebung an.

Der seit tausend Jahren existierende Grenzübergang ist 57 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eröffnet worden. Am 15.7.2002 wurde auf der tschechischen Seite ein neues Zollamt seinen Betrieb genommen. Der Grenzübergang ist für Fußgänger und Personenkraftwagen durchgängig geöffnet. Deutsche und  tschechische Beamte versehen dort gemeinsam ihren Dienst.

Erich Philipp



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